Genozid an den Hazara und der verlängerte Arm der ISIS
Ein Beitrag von Yunus Ibrahimi
Temperatur: -7° C. Uhrzeit: lange nach Mitternacht. Ort: Autobahn in Quetta, Pakistan. Keine Autos, keine Lichter. Stattdessen traurige Augen, gefrorene Tränen und zitternde Menschenmassen. Und unter ihnen elf Särge. In den Särgen: enthauptete Leichname.
Schon seit Montag, den 4. Januar 2021 sitzen sie hier und protestieren. Sie weigern sich ihre Lieben zu beerdigen, denn schon zu lange werden die schiitischen Hazara Jahr für Jahr abgeschlachtet, ohne dass ihre Mörder zur Rechenschaft gezogen werden. Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, tagelang mit den sterblichen Überresten seiner Lieben die Straßen zu blockieren, um Gehör zu finden, um Gerechtigkeit zu fordern? Und wie verkommen muss eine Gesellschaft und Regierung sein, diesen verzweifelten Aufschrei zu ignorieren und totzuschweigen?
Noch vor der Morgendämmerung des 3. Januars 2021 wurden mindestens elf Bergarbeiter, Angehörige der schiitischen Hazara, nahe eines Steinkohlebergwerks entführt. Später wurden ihre enthaupteten Körper gefunden. Schon kurz danach beanspruchte ISIS [DAESH] die Tat für sich [1] und stellte ein Video der grauenvollen Enthauptungen ins Netz.
Das grausame Enthaupten von Menschen ist ein Merkmal der Gefolgsleute Yazids. Bereits im Jahre 61 nach der Hidschra war es ihre Verfahrensweise, die Familie des Propheten (s.) zu ermorden und zu enthaupten. Es ist ein Merkmal derjenigen, die die heiligsten Menschen ihrer Epoche auf unmenschlichste Art und Weise hinrichteten, um so die Religion der Liebe zu verfälschen und zu bekämpfen.
Auch heute ist es das Merkmal dieser Barbaren, auch heute ist es ihr Ziel, die Religion zu verfälschen und zu bekämpfen.
Die Fragen, die sich hierbei aufdrängen, sind, weshalb die Westliche Welt, die sich als Verfechter der Menschenrechte aufspielt, nicht über dieses Ereignis berichtet oder es bestenfalls eine Randnotiz wert ist? Ist es eine Kleinigkeit, dass über 2.500 Menschen mit den Leichnamen ihrer Ermordeten sechs Tage lang die Straßen in Quetta blockieren und sich der Protest auf mehrere relevante Städte in Pakistan ausbreitet?
Weshalb fordern die selbsternannten Verfechter der Menschenrechte von der pakistanischen Regierung keine Beendigung und Aufklärung des jahrzehntelang anhaltenden Genozids an der schiitischen Hazara-Minderheit, bei der bis heute kein einziger Täter gefasst oder verurteilt wurde? Wo ist der Aufschrei nach einem unabhängigen, internationalen Aufklärungsteam, das sich der Aufklärung und Beendigung des Genozids annimmt?
Um diese Frage zu beantworten, muss eine andere Frage beantwortet werden: Wer hat ISIS erschaffen und wer finanziert sie?
Die Kopfabschneider, die heute unter dem Namen „ISIS“ bekannt sind, haben in verschiedenen Regionen und Epochen unterschiedliche Namen. Mal werden sie Taliban, Boko Haram, Lashkar-e-Jhangvi, Sipah-e-Sahaba, und mal Freie Syrische Armee, Islamischer Staat oder ISIS genannt. Doch ihre ideologische Quelle und Ausrichtung ist ein- und dieselbe: sie entspringt der wahhabitischen Ideologie, welche das saudische Königshaus als Staatsreligion etablierte und bis heute propagiert. Kein Wunder übrigens, dass die Saudis früher im Heimlichen und heute ganz offen beste Freunde mit der zionistischen Besatzungsmacht sind. Die Gemeinsamkeit beider liegt in der Verachtung der Menschen. Als Verbündete der Westlichen Welt versuchen die Saudis ihre menschenverachtende Ideologie bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts in die ganze Welt zu exportieren und als das einzig wahre Bild des Islams darzustellen. Diese pervertierte Ideologie denunziert jedes andere Islamverständnis als Unglaube und verbietet selbst die Verehrung des heiligen Propheten (s.) des Islams.
Der geistige Vater dieser Terrororganisationen ist das saudische Königshaus. Doch wer finanziert ISIS?
Der Name Wesley Clarc mag vielen kein Begriff sein. Clarc war beim völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa. Bereits Ende Februar 2015 sprach Clarc auf CNN davon, dass die USA und ihre Verbündeten ISIS nicht nur aufrüsteten, sondern ISIS erschufen.[2] [3]
Clarc sagte:
„ISIS wurde durch finanzielle Unterstützung von unseren Freunden und Verbündeten geschaffen. Dafür haben sie Eiferer und religiöse Fundamentalisten rekrutiert, damit sie bis zum Tod gegen die Hisbollah kämpfen.“
Betrachtet man in diesem Kontext den sogenannten „Kampf gegen den Terror“ der Westlichen Welt, versteht man, weshalb jene Person, die im Nahen Osten für die Erfolge und letztendlich den Sieg über ISIS gefeiert wurde, mit direktem Befehl von Donald Trump auf fremden Boden ermordet wurde: General Qassem Soleimani ist in der restlichen Welt das Sinnbild des Widerstandes und Sieges über die ISIS.[4] [5] [6] [7] [8] [9] Kein anderer Stratege konnte der menschenverachtenden Ideologie der Kopfabschneider Einhalt gebieten und ihr letztendlich das Rückgrat brechen und so die Menschen in der Westlichen und restlichen Welt vor Anschlägen von ISIS beschützen.
Solange unsere Bundesregierung mit den ideologischen Vätern und Financiers dieser Terrorgruppen verbündet und befreundet ist, sollten wir sie als ihren verlängerten Arm betrachten. Aus diesem Grund hat weder die Bundesregierung noch ein anderer Staat der Westlichen Welt ein Interesse an einem Ende der Kriege im Jemen, Syrien, Irak oder Interesse an einem Ende der Besatzung Palästinas oder der Beendigung jeglicher anderer Konflikte in der Welt und am allerwenigsten am Stopp des Genozids an den schiitischen Hazara in Pakistan.
Nichts hat sich an der Lage der Hazara geändert. Bereits 2013 saßen sie in eisiger Kälte mit den Särgen der durch einen Bombenanschlag Ermordeten mehrere Tage im Sitzprotest auf den Straßen. Damals mit mehr als hundert Särgen. 2018, in einem ähnlichen Protest, waren es mehr als achtzig Särge, die die Straßen blockierten.[10]
Was blutet, ist aber das menschliche Herz, und das Auge vergießt Tränen über dieses zum Himmel schreiende Unrecht. Dafür muss man weder Schiite noch Muslim sein. Einer der Angehörigen der Ermordeten in Pakistan sagte: „Wir sind müde geworden, die Leichname unserer Lieben zu Grabe zu tragen.“ Eine junge Frau erklärte unter Tränen: „Wir haben keinen Mann mehr in unserer Familie, der unsere Brüder zu Grabe tragen könnte.“ Zerreißt es nicht das Herz?
Ayatullah Nasir Makarim Schirazi nahm Stellung zu den Protesten, stufte die Ermordeten als Märtyrer ein und motivierte die Demonstranten, ihre Proteste aufrechtzuerhalten. Zugleich legte er ihnen in einer Fatwa ans Herz, die sterblichen Überreste baldmöglichst zu Grabe zu tragen.[11] Aus Respekt zu diesem Rechtsurteil wurden die elf Bergarbeiter am 9. Januar beerdigt .[12]
Letztendlich bleibt zu wünschen übrig, dass Gott (swt.) den Hazaras beistehen möge und ihre Mörder baldigst ausfindig gemacht und zur Rechenschaft gezogen werden. Möge Gott auch die Gründer und Financiers der ISIS und ihre verlängerten Arme zur Rechenschaft ziehen.
https://www.presstv.com/Detail/2021/01/07/642497/Pakistan-Hazara-Shia-Muslims-Quetta-Karachi-Daesh-Taliban ↩︎
https://archiv.offenkundiges.de/wesley-clarc-gibt-zu-die-isis-aufgebaut-zu-haben-aber-die-deutschen-duerfen-das-nicht-wissen/ ↩︎
https://www.youtube.com/watch?v=LFwGvk3k6WM ↩︎
https://www.euroweeklynews.com/2021/01/03/mass-protests-in-baghdad-on-anniversary-of-soleimani-assassination/ ↩︎
https://www.presstv.com/Detail/2021/01/03/642149/Iraq-rally-anniversary-Soleimani-Muhandis ↩︎
https://www.presstv.com/Detail/2021/01/01/642035/Iran-Soleimani-anniversary ↩︎
https://www.tasnimnews.com/en/news/2021/01/03/2425077/yemenis-mark-1st-martyrdom-anniversary-of-gen-soleimani-muhandis-video ↩︎
https://www.youtube.com/watch?v=sP6OBTdwqms ↩︎
https://www.youtube.com/watch?v=Z3iCcj86DnY ↩︎
https://www.samaa.tv/news/2013/02/hazara-protestors-refuse-to-bury-84-victims-call-for-army-action/ ↩︎
https://makarem.ir/news/en/News/Details/420180/Ayatollah-Makarem-Shirazi's-Statement-on-the-Recent-Crime-Perpetrated-by-Takfiri-Groups-in-Pakistan ↩︎
https://www.presstv.com/Detail/2021/01/10/642675/Pakistan-protest-Hazara-Shia-burial-ceremony-Balochistan--- ↩︎
